Helias Helye

Die ersten Schriftgiesser und Drucker in Mainz mussten für ihre Erfindungen einen internen Geheimhaltungsschwur leisten. Nach 1460 zerbrach dieser «Patentschutz». Die neuen Techniken begannen sich in anderen Handelsstädten zu etablieren, die für die Herstellung und für den Absatz der Produkte die nötige Infrastruktur boten. In einer zweiten Welle verbreitete sich der Buchdruck – v.a. durch reisende Gesellen – auch in ländlichen Gebieten.

Die Gründer neuer Betriebe waren ausgebildete Drucker mit der Fähigkeit sich zu vernetzen (Kirche, Schulen, Literaturkreise, Wissenschaften, entstehender Buchhandel) oder umgekehrt handwerklich und logistisch begabte Kleriker oder Gelehrte mit Beziehungen zum Druckergewerbe.

Helias Helye de Louffen (ca. 1400-1475) gehörte in die zweite Gruppe. Er entstammte einer einflussreichen Klerikerfamilie, hatte an der Universität Heidelberg studiert und amtete als Chorherr, Seelsorger und Jurist am Stift Sankt Michael Beromünster. Ob er die brandneuen Reproduktionstechniken in Basel entdeckte oder sich für einen Wanderdrucker begeisterte, wissen wir nicht.

 

Präsentationsurkunde von 1419 für Chorherr Helias Helye (Stiftsarchiv Beromünster)
Die Familie Helye stammte aus dem Laufental. Entsprechend empfahl Graf Hans von Thierstein, Statthalter des Herzogs Friedrich von Österreich in dieser Gegend, Helias Helye an das Stift Beromünster. Helias Helye war der letzte Chorherr, der noch durch den habsburgischen Adel präsentiert wurde.

 

Zwar hatte sich das Stift Beromünster von den Wirren um den Sempacherkrieg (1386) und der Eroberung des alten Aargaus (1415) erholt und stand nun unter der Schirmherrschaft von Luzern. Es war wieder ein religiöses, politisches und wirtschaftliches Zentrum von regionaler Bedeutung und besass dank seiner Schule und seinen gelehrten Chorherren sogar europäischen Ruf. Trotz dieser guten kulturellen Voraussetzungen brauchte es Mut, nach 1468 abseits von wichtigen Verkehrsachsen eine vorindustrielle Buchproduktion zu initiieren, die ganz anderen Bedingungen unterworfen war als die Arbeit in den alten Schreibstuben.

 

Fiktiver Eignungstest. Die Formulierungen aus 550 Jahren Distanz wären damaligen Frühdruckern zum Teil wohl fremd gewesen.
Aber es sind Überlegungen, denen sie sich auf ihre Art stellen mussten.

 

Eine Erfolgsgeschichte wie die des Johannes Mentelin in Strassburg konnte Helias Helye im abgelegenen Münster nicht schreiben. Seine Presse stand nach 1473 still. War es zu schwierig, mit so wenigen Buchproduktionen gewinnbringend zu arbeiten – oder liess sich einfach die Nachfolge nicht regeln?

Sicher aber ist die Münsterer Offizin ein beeindruckendes Zeugnis eines bald 70jährigen Mannes, der sich in einem sehr traditionsgebundenen Umfeld innovativ mit den Veränderungen seiner Zeit auseinandersetzte.

 

 

Gedenktafel für Helias Helye. Bibliothek Stift Sankt Michael

 

In Beromünster geriet Helias Helye leider bald in Vergessenheit. Erst 1761 berichtete der Luzerner Historiker Felix Balthasar wieder über die Druckerei. 1813 erhielt der Pionier in der Bibliothek der neuen Propstei ein würdiges Denkmal und seit 1991 erinnert Rolf Brems Plastik vor dem Schlossmuseum an sein Wirken.